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Bildung zu Hause – für Anfänger Teil 1

Von Karen Kern

Entscheidung vor der Schulzeit

Dein fünfjähriger Sohn sagt schon seit einiger Zeit, dass er nicht zur Schule gehen will. Erst hat dich das irritiert und dir Angst gemacht. Dein Sohn formuliert sehr klar seine Gründe, die du nachvollziehen kannst. Er sagt, dass er nicht in einem Ort wie der Schule lernen will, sondern weiterhin so wie er das zuhause macht. Da du die Meinung deines Sohnes respektierst, fängst du an dich zu dem Thema kundig zu machen. Du bittest ihn aber auch, dass er zum Zeitpunkt der Einschulung die Schule besucht, um zu sehen, ob seine Erwartungen denn auch wirklich zutreffen. Durch deine Recherchen ändert sich deine Vorstellung von Bildung und du kannst dir ein Lernen von zu Hause aus gut vorstellen.

Dann wird dir mein nachfolgender Text womöglich Bestätigung bringen für deine Entscheidung, deinen Sohn zu unterstützen und einen kleinen Ausblick darüber, wie es weitergehen kann mit dem Bildungsprozess.

Entscheidung während der Schulzeit

Deine Tochter ist auf der weiterführenden Schule und ihr geht es dort zunehmend schlechter. Sie wird gemobbt und kann sich aufgrund des Klassenklimas nur schlecht konzentrieren. Nach einigen Monaten sagt sie, dass sie nicht mehr weiter dort hingehen will. Ihr diskutiert das. Deine Tochter äußert sehr klar ihre Gründe. Sie will in diesem Klima des Mobbings nicht mehr leben und sie kann darin auch nicht lernen, weil der ständige Druck durch ihre Mitschüler sie so belasten. Du bzw. ihr als Eltern entscheidet, dass ihr eure Tochter auf diesem Weg unterstützen werdet. Ihr habt zwar ein bisschen im Internet recherchiert, aber ihr könnt euch das Lerngeschehen zuhause noch gar nicht vorstellen. Im weiteren Text findet ihr viele Gedanken zu den ersten Schritten und was auf euch zukommen kann.

Haltung von Kern-Bildung zur Bildung

Wir von Kern-Bildung konzentrieren uns vor allem auf die Begleitung junger Menschen, die sich selbstbestimmt und selbstorganisiert bilden. Daher gehe ich auf diese Art Bildung hier intensiver ein. Menschen, gerade junge Menschen, sind kleine „Lernmaschinen“, sie können gar nicht anders als sich bilden. Das menschliche Gehirn verarbeitet ständig alles, was von außen auf uns einwirkt, seien dies nun Sinneserfahrungen oder philosophische Gedankenwelten, die auf uns einwirken und uns zugetragen werden. Junge Menschen lernen in den ersten sechs Lebensjahren so immens viel wie vermutlich zu keinem anderen entsprechenden Zeitraum im Leben mehr. Sie lernen, ihren Körper zu beherrschen, sich aufrecht zu bewegen, in einer oder eventuell sogar mehreren Sprachen zu kommunizieren, sich anzupassen, zu entscheiden, was richtig und was falsch ist, sich mit anderen auseinander zu setzen und noch vieles andere mehr.

Besuchen junge Menschen nie eine Schule, dann geht der Lernprozess im Schulalter so weiter, wie die meisten Eltern ihn aus der Zeit vor der Schule kennen. Meist beschäftigen sie sich mit einem oder ein paar Themen vertiefend, andere streifen sie oder diese sind für kurze Zeit interessant. Fertigkeiten wie z.B. Lesen, Schreiben oder Rechnen werden selten in einem stetigen Prozess gelernt, sondern eher zyklisch. Mal beschäftigen sie sich für ein, zwei Wochen nur mit diesem Thema und dann bleibt es wochenlang oder sogar monatelang liegen. Wenn sie es dann wieder aufgreifen, dann ist oft zu beobachten, dass sie Dinge können, die vorher noch gar nicht da waren. Meist bilden sich bis zum Alter von 10 – 12 Jahren bei den jungen Menschen bestimmte Themen oder Vorlieben heraus, die sie regelmäßig verfolgen, z.B. das Spielen eines Instruments, das Schreiben von Geschichten, Mathematik, Astronomie, Technik, Handarbeiten, Kochen, Werken, Informatik, etc.

Egal wie alt die jungen Menschen sind, wichtig ist meines Erachtens, dass sie in ihrem Lernen begleitet werden, ihre Fragen beantwortet werden und sie dabei unterstützt werden, neue Themen und Fertigkeiten zu erschließen: z.B. ihnen dann Materialien bereitzustellen oder vorzuschlagen, ihre Fragen zu beantworten, Gespräche mit ihnen zu führen, ihnen vorzulesen, u.v.m.

Der Alltag kann bei den einzelnen jungen Menschen sehr unterschiedlich aussehen und ebenfalls von Familie zu Familie variieren. Natürlich ist die Intensität der Begleitung in den verschiedenen Altersstufen unterschiedlich und ändert sich auch in der Art und Weise mit zunehmendem Alter.

Die Erfahrung zeigt, dass junge Menschen selbstbestimmt und selbstorganisiert alles lernen, was sie zum Leben brauchen und zum gegebenen Zeitpunkt auch fähig sind, eine Abschlussprüfung mit einer angemessenen Vorbereitung gut zu bestehen.

Unterschiedliche Ausgangssituationen für Eltern

Wenn junge Menschen sich nach einem zeitweisen Schulbesuch entscheiden, sich nicht mehr weiter in der Schule zu bilden, haben die meisten Eltern kaum eine Vorstellung davon, wie die Bildung zu Hause aussehen wird. Nachdem in unserer Gesellschaft Bildung mit Schulunterricht gleichgesetzt wird, denken auch viele Eltern, dass die Bildung zu Hause im Rahmen der schulischen Fächer mit Schulbüchern und Arbeitsheften stattfindet. Das oft als „Homeschooling“ bezeichnete schulisch begleitete Lernen zu Hause in Coronazeiten fördert diese Sichtweise auch noch.

Eltern, die sich schon vor dem Einschulungsalter ihrer Kinder mit dem Thema „Bildung zu Hause“ beschäftigt haben, haben meist eine genauere Vorstellung davon, wie diese aussehen soll und haben in der Regel auch Präferenzen. Unterschiede gibt es nicht nur hinsichtlich der Bezeichnung: Einige möchten „Homeschooling“ praktizieren, andere wollen auf jeden Fall ihren Kindern „Freilernen“ ermöglichen. Keiner dieser Begriffe ist wirklich klar definiert, und meiner Erfahrung nach kann die Vorstellung davon, was man darunter versteht, sehr unterschiedlich sein. „Homeschooling“ wird hier in Deutschland oft als von den Eltern (oder der Schule) strukturierter und vorgeplanter „Schulunterricht zu Hause“ verstanden, in den USA wird er allerdings oft als Überbegriff für alle Arten der Bildung zu Hause verwendet. Auch der Begriff „Freilernen“ wird meiner Erfahrung nach sehr unterschiedlich verstanden. Daher bevorzuge ich die Bezeichnung „selbstbestimmte und selbstorganisierte Bildung“ – weitgehend vom jungen Menschen selbst bestimmt und von der Familie selbst organisiert.

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