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Bildung zu Hause – für Anfänger Teil 4

Von Karen Kern

Perspektivwechsel in der Bildung

Für eine veränderte Sichtweise in Bezug auf die Bildung, braucht es einen Perspektivenwechsel, so dass Eltern in allen Bereichen wahrnehmen können, was und wie ihre Kinder lernen. Den Fokus in der Bildung vor allem auf die schulischen Fächer zu richten, ist so, wie wenn ich durch ein Fernglas sehe. Dann nehme ich nur einen kleinen Ausschnitt wahr, diesen dann allerdings in großer Schärfe. Wichtig ist, entweder das „Fernglas“ auch auf andere Bereiche zu richten oder es „ganz weg zu legen“, um den Blick zu weiten. Dann wird es möglich, Lerngelegenheiten in Situation und Bereichen zu erkennen, an die vorher nicht gedacht wurde. Fällt Eltern dies schwer, hilft hierzu auch ein Austausch mit den Bildungsbetreuer*innen. Es kann auch helfen, mit anderen Eltern oder jugendlichen Freilerner*innen zu sprechen, die diese Situation schon hinter sich haben. Die Bildungsbetreuer*innen können dabei behilflich sein, den Blick auf die verschiedenen Lernsituationen im Alltag zu richten. In meinen Gesprächen zu Anfang der Betreuung höre ich regelmäßig, dass Sohn oder Tochter nur vor dem Computer sitzt und spielt, wenn ich dann nachfrage, stellt sich häufig heraus, dass z.B. die Tochter ganz viele Romane liest und besonderes Interesse fürs Ballett hat, oder der Sohn sich für die Landwirtschaft interessiert und regelmäßig beim Bauern nebenan mithilft und sich über alle schweren Fahrzeuge kundig macht.

Zusätzlich ist das Dokumentieren des Bildungsprozesses, der Themen und Fähigkeiten, sehr hilfreich.

Eine Dokumentation über einen längeren Zeitraum zeigt in der Regel eine Fülle an Bildungsaktivitäten auf, die im Alltag stattfinden. In unserer eigenen Freilernerzeit mit unseren Kindern haben wir nur ungern dokumentiert, aber es doch wenigstens über einen Zeitraum von einem halben Jahr durchgehalten. Mittlerweile bereue ich, dass wir das nicht länger gemacht haben. Wir haben nur einmal pro Woche meist nur wenige Stichwörter aufgeschrieben, aber über den Zeitraum eines halben Jahres hinweg kam da eine große Anzahl unterschiedlichster Aktivitäten, Interessen und Tätigkeiten zusammen. Mein mittlerer Sohn hatte diese Aktivitätenliste bei einem Gespräch mit der Oberschulamtspräsidentin dabei und diese war von dieser Liste schwer beeindruckt. Einige Zeit später haben wir allerdings dann hiermit auch noch negative Erfahrungen gemacht. Dieser Sohn hatte in dem erwähnten Gespräch einen Vertrag geschlossen, der ihm ermöglichte, zu Hause zu lernen. Eine Bedingung war, dass er sich einmal im Jahr beim Schulamt überprüfen lässt. Der zuständige Beamte konnte leider mit der umfangreichen Liste nichts anfangen. Er hat während des Termins nur rumgejammert, dass mein Sohn keine durchgearbeiteten Hefte mitgebracht hat. Er hat allerdings damit nur seine eigene Unflexibilität gezeigt. Auf der Liste waren ausreichend Themen, die auch Lehrkräfte für ein „Prüfungsgespräch“ hätten nutzen können.

Austausch mit anderen Freilerner*innen

Sorgen und Bedenken können auch im Gespräch und Austausch mit anderen Eltern abgebaut werden. Bei Freilernertreffen können gerade Berichte von Eltern älterer Freilerner*innen über den Umgang mit den Anfangsschwierigkeiten hilfreich sein. Zu hören, dass der Sohn von Familie G. ebenfalls drei Jahre lang erst nachmittags aus dem Bett kam und dafür die Nacht zum Tag gemacht hat, kann einen dazu veranlassen, erstmal innerlich aufzuseufzen: „Oh je, so lange müssen wir das aushalten!“ Dann aber zu hören, dass gerade dieser Sohn nun keinerlei Problem hat, morgens in aller Frühe aus den Federn zu kommen, weil er ein Praktikum (oder eine Ausbildung, o.a.) macht, sorgt für Erleichterung. Diese jungen Freilerner*innen bei Freilernertreffen zu erleben, ihr Auftreten, ihre offene Art und Weise und ihr Umgang mit anderen, mit Erwachsenen, Gleichaltrigen und Jüngeren, kann das sein, was einen am allermeisten von Sorgen und Ängsten befreit.

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